02.02.2013

Wozu Spitzenkandidaten? - Nach dem Grundgesetz werden bei der Bundestagswahl keine Spitzenkandidaten gewählt / Spin-Doktoren - Die Marionettenspieler der Macht [Doku]

[Nachdenkseiten / 01.02.2013] Nach dem Grundgesetz werden bei der Bundestagswahl keine Spitzenkandidaten gewählt, sondern die Abgeordneten des Deutschen Bundestags (Art. 38 Abs. 1 GG). Und die Kandidaten werden in der Regel von den Parteien ausgewählt. Warum ziehen aber die meisten Parteien mit Spitzenkandidaten in den Wahlkampf? Darin spiegelt sich die zunehmende Personalisierung von Politik wider, die seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, vor allem mit dem Aufkommen des Fernsehens zu beobachten ist.
Statt dass die Medien die Bürgerinnen und Bürger instand setzen, komplexe politische Vorgänge zu durchschauen und ihre Interessen in die öffentliche Meinungsbildung einzubringen und ihnen damit das Gefühl vermitteln, dass sie eine aktive Rolle im politischen Prozess einnehmen, stürzen sie sich auf die Selbstdarstellung von Politikern und machen Jagd auf deren persönliche Marotten und Verfehlungen.

Die Personalisierung der Politik bedeutet, dass die komplexe, von vielfältigen Motivationen und Einstellungen geprägte Wahlentscheidung reduziert wird auf eine Entscheidung zwischen den Spitzenkandidaten. Es findet somit eine Vereinfachung politischer und demokratischer Prozesse statt. Die mediale Inszenierung verlangt nach starken Sprüchen und einfachen Lösungen. Die Symbolik steht weit vor den Inhalten. Es geht nicht so sehr um die Sache, sondern ums Image, das den Spitzenkandidaten in der veröffentlichten Meinung zugeschrieben wird. Es geht vor allem um „Wer gegen Wen“. Wahlen werden geradezu zu einer Fernsehshow à la „Deutschland sucht den Superstar“.

Das ist das Einfallstor der PR-Agenturen und der sog. Spin-Doktoren. Nicht Parteien und deren Programme konkurrieren um Wählerstimmen, sondern miteinander konkurrierende professionelle PR-Berater. Was diese als werbewirksam in ihren Wahlkampagnen entwickeln, leitet sich nahezu ausschließlich aus Meinungsumfragen und Marketingstrategien ab und nicht aus der Programmatik der Parteien deren Imageträger die Spitzenkandidaten sein sollen. Die Debatte über vorhandene Probleme und deren Lösung wird ausgeblendet und die Scheinwerfer werden geschönte Phantombilder gerichtet. Es geht um Inszenierung, Performance und Wahrnehmungsbeeinflussung. Wie bei jeder beliebigen Markenwerbung geht es um die Verkaufe des Produkts, also um die Manipulation des Publikums.
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Spin-Doktoren - Die Marionettenspieler der Macht [Doku]

Der erste Teil der Dokumentation schildert das Aufkommen und die Entwicklung der "Spin Doctors" vor dem Hintergrund der amerikanischen und europäischen Geschichte. Der erste bekannte "Spin Doctor" war Edward Bernay, ein Neffe Sigmund Freuds. Er interessierte sich für massenpsychologische Erscheinungen und entwickelte in den 20er Jahren das, was heute unter dem Begriff Public Relations bekannt ist.

Aber erst Ende der 60er Jahre erfährt das Polit-Marketing in den USA mit der Verbreitung des Fernsehens seinen Aufschwung. Zunächst mit John F. Kennedy, der, von Joe Napolitan beraten, Richard Nixon bei einem Fernsehduell schlug. Dann mit Lyndon B. Johnson, der seinen Konkurrenten Barry Goldwater dank der Erfindung der Negativ-Werbung im Jahr 1964 mit einem nur wenige Sekunden dauernden Spot des talentierten Tony Schwartz besiegte.
Der Film stützt sich auf die Aussagen der wichtigsten Beteiligten und zeigt die ständigen Verbesserungen der Berechnungsverfahren, der Umfragetechniken und die zunehmende Bedeutung der Medien, die den Politikern neue Perspektiven bieten. Der Erfinder der politischen Meinungsumfragen, John Gorman, erzählt, wie seine Umfragen den Nobody Jimmy Carter ins Weiße Haus gebracht haben. Aber auch wie sein Partner Pat Caddell falsche Daten lieferte, die Jimmy Carter zu einer Rede veranlassten, die seine Präsidentschaft ruinierte.


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